Hier eine sinnhafte Bildbeschreibung einfügen

Hinter mir wird gehupt und ich merke, zwischen meinem und dem Wagen vor mir klafft eine Lücke von mehreren Metern, die es schleunigst zu schließen gilt. So einfach kann es sein, seinen Mitmenschen das Gefühl zu geben, dass es weitergeht.

Wieder muss ich lachen. Ich überlege, ob der Stau eine gute Metapher für unsere Gesellschaft ist. Vorwärts geht es nur mühsam, die Fahrer sind gereizt, das Auto hat aus ökologischer Sicht eigentlich keine Zukunft und dennoch unterwirft sich jeder der Straße. Es steckt mehr als nur eine Metapher dahinter – der Zustand auf den Straßen ist ein Abbild unserer Gesellschaft wie es genauer wohl nicht sein könnte. Obwohl ich keine Lust darauf habe, den vielen soziologischen Untersuchungen über dieses Phänomen eine weitere hinzuzufügen, beginne ich die Insassen zu beobachten. Dem wissenschaftlichen Interesse steht mein voyeuristisches gegenüber. Quatsch. Möchte nicht wissen, wieviele Wissenschaftler verkappte Voyeure sind. Die Soziologie lässt mich nicht los. Also beschließe ich, meine weiteren Beobachtungen unter das Deckmäntelchen der Wissenschaft zu stecken. Doch mit dem Blick in den Rückspiegel möchte ich weder Voyeur noch Wissenschaftler sein, da sich der Zeigefinger meines Hintermannes in seiner Nase windet. Der Lohn des Erfolgs wird ganz genau begutachtet und dann zwischen Daumen und Zeigefinger solange trockengeknetet bis er sich wegschnippen lässt. Über den Verbleib des Popels mache ich mir dann keine Gedanken mehr – nur, komischerweise, dass mich die Szene bei einer Frau noch etwas mehr angeekelt hätte. Aber warum? Die Nase einer Frau hat das gleiche Recht, wie die eines Mannes. Im Zuge der Emanzipation wird sich auch der weibliche Popel aufs Bohren einstellen müssen. Warum aber manifestierten sich Unterschiede des Empfindens oft anhand solch banaler Dinge wie Nasebohren. Auch wenn ein Mann ausspuckt oder sich an den Genitalien kratzt, finde ich das nicht gerade reizvoll, aber einer Frau würde ich so etwas noch mehr verübeln. Erwarte ich von Frauen im Durchschnitt eine bessere Kinderstube? Eine vernünftige Antwort fällt mir nicht ein. Ich trete die Kupplung, schalte in den ersten Gang und fahre über die Kreuzung. Der Nasebohrer biegt rechts ab und ich erkenne im Rückspiegel eine Frau mittleren Alters.