Unabhängig vom Beruf, der ästhetischen Vorbildung oder sonstigen Freizeitinteressen – ich kann Ihnen das als Zeitvertreib nur empfehlen. Sie werden einen Heidenspaß dabei haben: Während Ihrer Fahrten mit dem Auto LKW-Planen bestaunen.
Manchmal bin ich so perplex, dass ich plötzlich mit offenem Mund hinter dem Steuer sitze. Früher war ich immer auf der Suche nach grafisch gut ausgearbeiteten Markenzeichen, welche ab und an auf den fahrenden Werbeflächen international tätiger Speditionen zu finden sind. So konnte ich auf einer oft langweiligen Fahrt gleich ein wenig Fortbildung betreiben, neue Formgebungen oder auch typografisch hochwertiges Grafik-Design entdecken und speichern. Leider wurde die Freude über gefundene Qualität durch die vielen Gruselerlebnisse überlagert. Noch heute frage ich mich beinahe täglich, was sich beispielsweise viele Großmetzgereien dabei denken, wenn sie mit lachenden Comic-Schweinchen – mit einer karierten Metzgerschürze behangen und einem Hackebeilchen in der Klaue – werben. Können Sie mir das erklären? Ich bin auf Vermutungen angewiesen. Meine erste geht dahin, dass jeder professionelle Grafiker verwurstet wird, sobald er einen guten Entwurf gezeigt hat. Ein guter Grafiker gibt ´ne gute Wurst, denkt sich vielleicht der passionierte Metzger. Der Entwurf wird natürlich gleich mit verwurstet und prangt hinterher als Stückwerk-Etikett auf dem Kunstdarm. Die andere Vermutung geht in die Richtung, dass keine Großmetzgerei, die mit lachenden Schweinen wirbt, sich je Gedanken gemacht hat, welche Botschaft sie hier aussendet. Gut, die Perspektive der Sau ist auch nicht unbedingt die erste, die interessant erscheint. Daher schlage ich einen Perspektivenwechsel vor – hin zum Menschen. Was spricht eigentlich nach deutscher Metzgermentalität dagegen, dass so manch amerikanisches Gefängnis mit einem lachenden Delinquenten auf dem elektrischen Stuhl an der Gefängnismauer wirbt? Oder einem, der selbst die Henkersmaske auf hat und breit grinsend mit der Giftspritze herumfuchtelt – am besten noch in einer Nacht- und Nebelaktion als eine Art Selbstfindungstrip eigenhändig vom Verurteilten an die Gefängnisfassade gesprayt. Vielleicht sollte ich das mal diversen amerikanischen Gefängnisleitern vorschlagen. Die Amerikaner sind neuen Ideen gegenüber ja sehr aufgeschlossen. Es liese sich ein richtiges Merchandising aufziehen. Vom einfachen Aufkleber über die Bürotasse bis hin zur grinsenden Stoffpuppe. Gut, der Vergleich hinkt – jedoch nur ein ganz klein wenig. Aber die Lachende-Sau-Werbung habe ich schlicht gefressen. Da ist mir eine spezielle Wurstwerbung, die mir leider bis heute erst ein einziges Mal begegnete, schon viel lieber. Eine Abbildung zeigt eine wirklich sehr ansehnliche Frau, posierend in einem Mini-Kleid. Und dieses Kleid ist aus einzelnen Salami-Scheiben gefertigt, alles riesengroß auf auf der LKW-Plane. Wahnsinn, absoluter Wahnsinn! Wie fühlte sich die Frau beim Fotoshooting mit den fettigen Wurstscheiben auf den Hüften? War sie darunter nackt? Warum ist es gerade Hartwurst, für die sie wirbt? Doch wieso in Scheiben? Ist sie eine Emanze? Was hätte wohl Karl Lagerfeld dazu gesagt? Oh Gott, vielleicht hat er das Kleid entworfen. Fragen über Fragen. Bis heute bin ich noch nicht dahinter gekommen, warum man essbare, und scheinbar wohlschmeckende Salamischeiben an eine hübsche Frau hängen muss. Was soll uns das Bild sagen? Entfaltet die Salami erst dann ihre ganze Würze, wenn man sie von der Frau nascht. Oder ist das eine ganz besondere Art der Lufttrockung. Kann man damit seine Frau haltbarer machen, weil in der Salami so viele Konservierungsstoffe sind? Zieht die Salami womöglich Fett aus dem Körper? Funktioniert Sie ähnlich wie eine Gurkenmaske? Klar, dieser Fleischgroßhändler ist nicht nur Metzger, sondern auch Heilpraktiker. So muss es sein. Synergien sind heute die Zukunft unserer Wirschaft. Dieses Bild ist schlicht unerschöpflich, ein Resservoir für sämtliche wurstigen Assoziatiationen. Schade nur, dass ich wohl nie erfahren werde, welcher fleischgewordene Kreativgott hinter dieser Schöpfung steht. Zu einem Schluss bin ich doch gekommen. Die Botschaft kann wohl nur (sehr subtil) bedeuten: Dieser Metzger bringt mit seiner Salami jede Frau um den Verstand... ...und sei es scheibchenweise.